Bitcoin - reale Sache im Sinne von § 90 BGB oder flüchtiges Gut ?
Die Rechtsfrage, ob ein Bitcoin oder andere Kryptowährungen eine Sache im Sinne des BGB bzw. Eigentum begründet, ist im Fall der denkbaren Insolvenz von Börsen- und Wallett-Betreibern ein wichtiges Thema.
Dabei sind sich nicht alle Rechtskundigen einig, ob Kryptowährungen Sachen oder ein flüchtiges Gut sind. Für Investoren ist dies jedoch ein maßgebender Faktor. Bei einer Insolvenz eines Wallet-Betreibers ist die Frage, ob ein Bitcoin Eigentumsrechte nach deutschem Recht begründet oder nicht, äußerst juristisch von Bedeutung. Werden die digitalen Währungen nicht als aussonderungsfähiges Gut nach § 47 InsO betrachtet, ist eine Herausforderung durch den einzelnen Gläubiger kaum möglich. Die Währungen im digitalen Bereich fielen in die Insolvenzmasse. Es stellen sich Verwertungsfragen des Insolvenzverwalters nach der InsO.
Die Frage, ob ein Bitcoin eine Sache im Sinne von § 90 BGB ist, hat nicht nur steuerliche Bedeutung, sondern richtet sich zunächst eben nach den Kriterien des Bürgerlichen Gesetzbuches. Klar ist, dass Computerdaten oder Computerprogramme grundsätzlich keine Sachen sind. Jedoch entscheidend ist eben die Abgrenzbarkeit von anderen Dingen. Diejenigen Autoren, die zwingend an einer Körperlichkeit festhalten wollen, greifen jedoch zu kurz. Eine tatsächliche Beherrschbarkeit der Digitalwährungen ist möglich. Jedoch hat der Gesetzgeber das Sachenrecht mit einer gewissen Unvollständigkeit ausgestattet, so dass letztlich auch die Rechtsprechung die Rechtsnatur der Digitalwährungen beurteilen wird. Eine gesetzgeberische Regelung der Eigentumsfrage würde gewisse Prozesse sicherlich einer Vereinfachung zuführen und wird noch dauern.
Vom Grundsatz her muss es einen eigentumsähnlichen Status für sogenannte Krypto- Assets geben. Wie bei Sachen im Sinne des § 90 BGB besteht eine direkte Kontrolle über digitale Güter und damit ein faktischer digitaler Besitz an Krypto-Assets. Sie sind zwar unkörperlich, jedoch eingrenzbar, rivalisierend sowie beherrschbar. Die Beherrschbarkeit eines Wirtschaftsgutes setzt nicht die ständige Verfügungsmacht über eine Sache voraus. Beispielsweise kann man einen Bus besitzen, ohne dass man ihn ständig fährt.
Die sachenrechtlichen Institute im BGB von Besitz (unmittelbarer bzw. mittelbarer Eigen- oder Fremdbesitz, u.a.) sowie dem Eigentum gehen von einem uralten Verständnis von Zuordnung eines Vermögens aus: „Nur wer etwas physisch vorweisen kann, dem gehört es.“
Gerade in der digitalen Ökonomie ist das nicht mehr so einfach. Nach deutschem Recht ist die Körperlichkeit eines Gegenstands eine wichtige Voraussetzung. Nach anderen Rechtsordnungen, auch in Drittstaaten, ist die Körperlichkeit keine zwingende Voraussetzung für den Sachenbegriff.
Bis eine gesetzliche Regelung zu Eigentumsrechten an digitalen Währungen erlassen wird, kann es angesichts europaweiter Bemühungen einige Jahre dauern. Anders verhält es sich, wenn erste Gerichtsentscheidungen vorliegen. Absehbar ist dies momentan noch nicht. Eine raschere Klärung könnte beispielsweise innerhalb der deutschen Insolvenzordnung erfolgen. Dort könnte festgehalten werden, ob bei einer Insolvenz ein neues Börsenbetreibers für digitale Währungen oder eines Wallett-Betreibers die digitale Währung an die jeweiligen Besitzer im Wege der Aussonderung gehen (vergleiche die Situation der Aktieninhaber/Aktionäre bei einer Bank- Insolvenz haben) oder an die Insolvenzmasse fließen. Dann hat der Insolvenzverwalter eine klare Handlungsanweisung. Zu beachten hat man auch die praxisrelevante Verwendung von sog. pool accounts. Diese können immer in die Insolvenzmasse fallen, unabhängig davon, wie man Eigentumsrechte an den digitalen Coins auslegt. Die Diskussion ist noch nicht abgeschlossen und wird in den nächsten Jahren weiter gehen, auch in Bezug auf die noch fehlende Geldeigenschaft von Bitcoins und das gewerbliche Schutzrechtesystem.
Dr. Ferdinand Müller
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Steuerrecht